Die Welt im Gepäck

Fachaustausch und neue Publikation über Erfahrungen im und Nachwirkungen von Entwicklungsdienst

Dariush Ghobad (Mitte) erzählt von seiner Motivation, als Fachkraft in den Entwicklungsdienst zu gehen. Links: Sabine Maier von der AGdD, rechts: Carmen Kugele. Beide sind auch Rückkehrerinnen aus dem Entwicklungsdienst. Foto: Axel Vogel/Amazon
Dariush Ghobad (Mitte) erzählt von seiner Motivation, als Fachkraft in den Entwicklungsdienst zu gehen. Links: Sabine Maier von der AGdD, rechts: Carmen Kugele. Beide sind auch Rückkehrerinnen aus dem Entwicklungsdienst. Foto: Axel Vogel/Amazon

Die AGdD hat am 17.8.2022 im Rahmen eines Fachaustauschs die Ergebnisse der Studie „Vor und nach dem Entwicklungsdienst: Eine quantitative Studie unter Rückkehrer*innen 2011-2020“ vorgestellt und mit Akteur*innen der Entwicklungszusammenarbeit diskutiert. Die Studie befasst sich u.a. mit Aspekten der Rückkehr, den Einfluss von Entwicklungsdienst auf die Erwerbsbiographie und erstmals auch mit zivilgesellschaftlichem und sozialem Engagement von Fachkräften vor und nach dem Entwicklungsdienst.

Die Studienergebnisse stellte einer der beiden Gutachter, Thomas Schwedersky, vor. Besonders hervorzuheben sei der Aspekt des hohen Stellenwerts der „Gemeinwohlorientierung“ bei den Fachkräften, erläuterte er. Dies zeige sich zum einen darin, dass dies der wichtigste Motivationsfaktor für den Entwicklungsdienst sei; zum anderen  wären Rückkehrer*innen in besonders hohem Maße sozial engagiert . Ein weiteres interessantes Ergebnis: Ein großer Teil der Fachkräfte stellt eine Verbesserung der beruflichen Situation nach dem Entwicklungsdienst fest.

Die Erkenntnisse fanden regen Anklang im Publikum und regten zur Diskussion an, z.B. über Vergleichsmöglichkeiten der Rückkehrenden aus dem Entwicklungsdienst zu anderen Berufsgruppen, die im Ausland tätig sind, und die Frage nach der (Erwerbs)situation von mitausreisenden Partner*innen nach dem Dienst.

Als weiterer Programmpunkt fand ein Podiumsgespräch zum Thema „Entwicklungsdienst als Teil der Erwerbsbiographie“ statt. Zu den Gästen auf dem Podium zählten u.a. zwei Studienteilnehmende, die über ihre Erfahrungen im und nach dem Entwicklungsdienst berichteten. Dariush Ghobad, der von 2013 bis 2016 mit seiner Frau und zwei Kindern für Dienste in Übersee / Brot für die Welt in Kambodscha als Fachkraft tätig war, sagt auf die Frage nach seiner Motivation für den Dienst: „Meine Frau und ich saßen auf der Couch in unserem Reihenhaus, sahen uns an und fragten uns ‚War das jetzt alles?‘“ Dann entstand die Idee, ins Ausland zu gehen, und Entwicklungsdienst zu leisten. Wichtig war ihnen dabei: „Wenn wir als Familie ins Ausland gehen, dann soll das eine Sinnhaftigkeit und Relevanz haben.“ Für Carmen Kugele, die mehrfach Entwicklungsdienst leistete, war auch die Lust auf ein Abenteuer ein Beweggrund. Im Gespräch ging es weiter um die besonderen Kompetenzen, die ehemalige Fachkräfte für den hiesigen Arbeitsmarkt mitbringen. Kristian Kampfer, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Madiba Consult und selbst Rückkehrer aus dem Entwicklungsdienst, betont vor allem die soziale Kompetenz, die er als besonderen „Schatz“ bezeichnet, mit dem Rückkehrende auch in der deutschen Gesellschaft „wichtige Brücken bauen können“. Außerdem seien viele ehemalige Fachkräfte mit Themen vertraut, die inzwischen auch in Deutschland mehr und mehr an Bedeutung gewinnen, wie zum Beispiel den Auswirkungen des Klimawandels. Für Heiner Nolte von der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung der Bundesagentur für Arbeit seien Fachkräfte aus dem Entwicklungsdienst seine „liebste Bewerbergruppe“, da sie immer viel zu erzählen hätten.

Dariush Ghobad bewertet seinen Entwicklungsdienst in Hinblick auf seine berufliche Karriere als positiv: „Für mich war es definitiv kein Karriereknick, sondern vielmehr eine wertvolle Erfahrung für den weiteren beruflichen Weg.“

 Diese Einschätzung kann man in der neuen AGdD Publikation „Die Welt im Gepäck“ nachlesen. Diese wurde im Rahmen der Veranstaltung erstmals präsentiert und ergänzt den Fachbericht zur Studie. In der Publikation sind die zentralen Ergebnisse grafisch aufbereitet; vor allem aber enthält sie Stimmen, Gesichter und Bilder von 15 der insgesamt 594 Studienteilnehmenden und vermittelt sehr persönliche Erfahrungen und Eindrücke.

Im letzten Teil der Veranstaltung hatten die Teilnehmenden Gelegenheit, sich über die Frage, wie sich zivilgesellschaftliches und soziales Engagement der Rückkehrenden fördern und sichtbar machen lässt, auszutauschen und Anregungen und Impulse für ihre Arbeit mitzunehmen.

Waibel, Gabi; Schwedersky, Thomas; Gaisbauer, Felix: Vor und nach dem Entwicklungsdienst: Das Engagement von (rückkehrenden) Fachkräften (Volunataris, Ausgabe 2-2022, S. 241- S.257) 

Hagenberg-Miliu, Ebba: Auch in Deutschland sind sie Brückenbauer (General AnzeigeBonn / Bad Godelberg, 17.08.2022)

Prauß, Angelika: Beim Entwicklungsdienst über den eigenen Tellerrand schauen. Ein Schatz für's Leben. (KNA Journal, 25.08.2022, S.8) 

Interview zur Studie mit Gabi Waibel (AGdD) bei Wila Arbeitsmarkt: Wehmütig, aber chancenreich

Feature zur Studie beim AKLHÜ – Netzwerk und Fachstelle für Internationale Personelle Zusammenarbeit

Impressionen "Fachkräfte im Dienst" aus der Publikation "Die Welt im Gepäck"

Fachkraft -  Reportage, Cambodia
"Man lernt, sich und seine Perspektiven zurückzunehmen, ganz andere Perspektiven zu verstehen und zwischen verschiedenen Blickwinkeln zu moderieren." Rückkehrer Dariush Ghobad (Foto ©Christof Krackhardt)
Fachkraft -  Reportage, Cambodia
Dariush Ghobad in Kambodscha beim Austausch mit Dorfbewohner*innen (Foto ©Christof Krackhardt)
Chris Hartmann (mi.) während seines Einsatzes in Nepal. Er hatte vorher eine Ausbildung im Bereich "Ziviler Konfliktbearbeitung" absolviert und bei terre des hommes gearbeitet. ©Barbara Flesch
Chris Hartmann (re.) besucht ein Projekt der Partnerorganisation "Woman for Human Rights" in Südnepal, das alleinstehende Frauen unterstützt, die im Bürgerkrieg Gewalt erlitten und/oder ihre Männer verloren haben. ©Barbara Flesch
Musiktherapeut Reiner Haus hat in Jordanien mit traumatisierten Flüchtlingskindern gearbeitet. Bereits vor dem Dienst hatte er sich in einer Dortmunder Einrichtung für geflüchtete syrische und irakische Familien engagiert. ©Reiner Haus
Sebastian Kerridge war in Kambodscha bei der lokalen Denkmalbehörde im Einsatz, die für den Erhalt und das Management der Tempelanlage in der Region um Angkor Wat zuständig ist. Hier führt er eine Gruppe von Volunteers in das Thema Schadenskartierung ein. ©Stone Conversation Unit
Sebastian Kerridge bei der Arbeit. ©privat
Für Vivien Martens (li.) war es ein Kindheitstraum, einmal in Afrika zu arbeiten. Heute lebt sie in Simbabwe und ist dort Fachkraft im Zivilen Friedensdienst. ©privat
Jörg Mühlbach (li.) im Gespräch mit dem Wasserkomitee einer nicaraguanischen Kommune. ©privat
Lisa Picott (re. stehend) mit Gemeindeführer*innen in Kolumbien bei einer Veranstaltung zum Friedensabkommen, das den Bürgerkrieg beendete. ©Picott