Kenia vermissen und sich doch in Deutschland wohl fühlen

Katrin Heeskens (li.)

Mein Leben als Entwicklungshelferin in ­Isiolo im Norden Kenias von 2008 bis 2011 war spannend, machte Spaß und war zugleich eine Herausforderung. Die Jahre lassen sich perfekt in den folgenden zwei Adjektiven zusammenfassen: kunterbunt und abwechslungsreich.

Warum starte ich mit diesen Attributen meinen kurzen Beitrag zum Thema Facetten der Rückkehr? Nach diesen Jahren, in denen ich als Gesundheitskoordinatorin der Diözese Isiolo die Gesundheitsangebote der Diözese organisierte und mein Arbeitsalltag eine Vielzahl an unterschiedlichen Aufgaben beinhaltete, konnte ich mir nicht mehr vorstellen, in Deutschland in „einem ganz normalen Büro-Job“ meine Arbeitstage zu verbringen. Da wir uns als Familie jedoch entschieden hatten, mit unseren drei Kindern in Deutschland zu bleiben, wollte ich mir neben einem „normalen“ Arbeitsverhältnis noch andere Aufgaben und Herausforderungen suchen, die dann alle zusammen mein Leben auch hier wieder richtig bunt und abwechslungsreich machen sollten.

Gemeinsam mit meinem Ehemann und Freunden gründeten wir den Verein „Tumaini Isiolo e.V., Hoffnung für Kenia“. Dieser Verein unterstützt benachteiligte Kinder und Jugendliche in Isiolo, damit diese eine Schule oder ein College besuchen können. Vor Ort in Isiolo steuert und koordiniert unsere frühere Kinderfrau und Freundin Martha Njeri Mwangi alles Organisatorische, hier in Deutschland halte ich den Kontakt zu den Sponsoren und Spendern.

Mein Ehemann und ich sind in den Jahren in Isiolo immer wieder zu dem Fazit gekommen, dass unsere Arbeit in der Gesundheitsversorgung zwar gut und wertvoll war, dass aber der Ansatz zu einer nachhaltigen Veränderung ganz klar die Bildung ist. Die Arbeit für den Verein, vor allem der direkte Kontakt zu Martha sowie zu den Kindern und Jugendlichen ist für mich eine wichtige Verbindung zu Isiolo, zu Kenia, zu Afrika – zu unseren Freunden.

Neben meinem Engagement für diesen kleinen Verein entschloss ich mich vor vier Jahren bei den anstehenden Kommunalwahlen für den Gemeinderat zu kandidieren. Nicht nur in Kenia, auch hier in Deutschland müssen sich Menschen für die Gesellschaft einsetzen und sich politisch engagieren. Ich bin nun im Schul-, Kultur- und Sozialausschuss und versuche meine Prinzipien der sozialen Gerechtigkeit auch hier im Kleinen einzubringen.

Hauptberuflich arbeite ich weiterhin im Gesundheitswesen. Ich bin an der Dualen Hochschule in Baden-Württemberg als Studiengangsmanagerin für den Studiengang Angewandte Pflegewissenschaft verantwortlich. An diese Stelle und Position kam ich übrigens indirekt durch meine Arbeit als Entwicklungshelferin: Aufbauend auf meine berufliche Erfahrungen in Kenia als Koordinatorin des Gesundheitsdepartments gab es zwei Bereiche, in denen ich nach meiner Rückkehr weiter lernen wollte: Das waren die Bereiche Personal und Management. Beide Themenbereiche hatte ich in meinem Bachelorstudium nur gestreift und konnte sie im Masterstudium vertiefen – was eine Voraussetzung für meine Arbeitsstelle ist und war.

Jetzt im Dezember 2017 sind es genau sechs Jahre, dass wir wieder in Deutschland leben. Noch immer vermissen mein Mann und ich das Leben und Arbeiten in Isiolo – auch wenn unser Leben hier wieder kunterbunt, abwechslungsreich und schön ist und wir uns sehr wohl fühlen.

Katrin Heeskens war von 2008 bis 2011 in Kenia (erschienen in transfer Ausgabe 2/2017)