Karibuni heißt willkommen

Die Gastfreundschaft zeigen, die wir als Fachkräfte erfahren haben

© Karibuni Hotels

Gabriele Schmitz

 

1984 reisten mein Mann Gerd und ich mit unserer vier-jährigen Tochter erstmals nach Tansania aus. Ich bin Diplompädagogin und er Wirtschaftsingenieur mit einer Zusatzausbildung in Tischlerei. Als selbstfinanzierte Freiwillige haben wir in einer ehemaligen Missionsstation in den Usambara-Bergen eine Ausbildungswerkstatt für Tischlerei aufgebaut und die Bildungsarbeit von Mädchen und Frauen unterstützt. Fast sieben Jahre blieben wir dort, zuletzt unterstützt von der Vereinten Evangelischen Mission und bestens integriert ins soziale Dorfleben. Unsere Tochter besuchte die Dorfschule und wuchs mit Suaheli als zweiter Muttersprache auf. Nach einem kurzen Intermezzo in Berlin ging es 1991 erneut nach Afrika, diesmal finanziell abgesichert als DED-Fachkräfte. In Bameda, im Nordwesten Kameruns, war Gerd für die Ausbildung von Tischlerlehrern verantwortlich, ich gab als mitausreisende Ehefrau Deutschunterricht an einer Sekundarschule. Später zogen wir nach Douala. Dort entwickelte ich gemeinsam mit einer kamerunischen Kollegin ein Kreditprogramm für Frauen und mein Mann beriet Tischlerwerkstätten in den ärmeren Vierteln der Hafenstadt. 1997 waren wir dann wieder in Berlin, wo unsere Tochter zwei Jahre später Abitur machte. Dann zog es uns wieder nach Afrika, diesmal nach Mosambik - mein Mann entsandt durch den Weltfriedensdienst und ich durch die AGEH, heute AGIAMONDO.

Existenzgründung in Berlin

Erst im Sommer 2005 kehrten wir endgültig nach Deutschland zurück und starteten dann direkt in Berlin-Neukölln in die Selbstständigkeit. Wir kauften den Thüringer Hof, eine heruntergewirtschaftete Berliner Altbaupension mit zwölf Zimmern. Nun konnten wir auf uns selbst anwenden, was wir im Entwicklungsdienst versucht hatten zu vermitteln: auf eigenen Beinen zu stehen und sich trotz aller Hindernisse nicht vom Weg abbringen lassen. 

Den Gedanken, nach dem Entwicklungsdienst ein Hotel zu betreiben, hatten wir viele Jahre mit uns herumgetragen. Wir wollten die große Gastfreundschaft erwidern, die uns überall zuteil geworden war. Auch in dieser Hinsicht war Tansania prägend: der Name unseres Hotels “Karibuni” stammt aus dem Suaheli, heißt “Willkommen” und wird dort ständig und überall benutzt. Wir wollten ein Hotel betreiben, in dem die Kund'*innen als stets willkommene Gäste umsorgt werden und das viel Raum für das persönliche Gespräch bietet. Die ersten Jahre zweifelten wir, ob es uns gelingen würde unseren Lebensunterhalt zu erwirtschaften. Mit unermüdlichem Arbeitseinsatz der ganzen Familie und dank der Mundpropaganda unseres (welt-)weit verzweigten sozialen Netzwerkes, konnten wir dann aber im Laufe der Jahre einen soliden Kundenstamm aufbauen. Verwandte unserer Nachbarn aus dem kulturell bunt gemischten Neuköllner Kiez zählten ebenso zu unserer Kundschaft, wie Gäste aus allen Teilen Deutschlands und den Ländern, in denen wir gelebt und gearbeitet haben.

Gelebte Willkommenskultur

Seit nunmehr 19 Jahren führen wir unsere kleine Pension, inzwischen mit weniger Zimmern und an einem neuen Standort inmitten einer lebendigen Szene mit soziokulturellen und Eine-Welt-Projekten. Eigentlich würden wir uns gern aus dem täglichen Geschäft zurückziehen, zumal unsere Tochter verantwortlich in den Betrieb eingestiegen ist. Doch ohne das Engagement der ganzen Familie ist unser Hotel, in dem auch heute noch gutes Gespräch und die Begegnung mit den Gästen im Vordergrund stehen, wirtschaftlich nicht zu halten. Außerdem sorgt der für uns so wichtige persönliche Austausch mit den Gästen immer wieder für erfreuliche Überraschungen. 

So brachte ein Gespräch mit einem älteren Ehepaar aus Belgien zutage, dass deren Tochter als Innenarchitektin bei der Ausstattung von Touristen-Lodges in der Kilimandscharo-Region arbeitet. Dort war ihr ein Raumausstatter wegen der hohen Qualität seiner Möbel aufgefallen, der sein Handwerk vor 40 Jahren bei einem deutschen Tischler in den Usambara-Bergen gelernt hatte. Es stellte sich heraus, dass dieser Tischler mein Mann war und der heute erfolgreiche Tansanier ein Schüler des ersten Jahrgangs der seinerzeit von ihm gegründeten Ausbildungswerkstatt.

Gabriele und Gerd Schmitz waren von 1991 bis 1997 in Kamerun (GIZ) und von 1999 bis 2005 in Mosambik (WFD und AGEH, heute AGIAMONDO).

Der Artikel erschien in der transfer 02/2024.