Das Ende des Dienstvertrags ist nicht das Ende der Beziehungen

Ehepaar Brenner-Büker (Bildmitte) mit ihren Projektnachfolgern in Kolumbien, der Familie Moresino-Zipper.

Susanne Brenner

„mitmenschen“ lautet das Motto der AGEH (heute AGIAMONDO) – und mit Menschen waren wir acht Jahre in Kolumbien unterwegs, wo wir in verschiedene Prozesse zu Friedens-, Stadtteilarbeit und Organisationsentwicklung eingebunden waren. Besonders intensiv waren die Beziehungen in den kleinen christlichen Gemeinschaften im Süden von Bogotá. Aber auch darüber hinaus entstanden in dieser Zeit durch das tägliche Ineinander von Leben und Arbeiten persönliche Freundschaften. Deshalb traf uns die Trennung von Menschen, mit denen wir über die Jahre Freud und Leid in einer von Gewalt geprägten Gesellschaft geteilt hatten, hart.

Erst seit sich gezeigt hat, dass Beziehungen auch auf Distanz bestehen bleiben können, empfinde ich die Trennung als Konsequenz der zeitlichen Befristung des Entwicklungsdienstes als weniger schmerzlich. Denn dank E-Mail, WhatsApp & Co leben unsere Freundschaften nach Kolumbien weiter. Der Rhythmus der Kontakte variiert, mal mehrmals die Woche, dann wieder deutlich weniger. Über die Jahre haben wir gemerkt, dass E-Mails für alle Beteiligten oft zu aufwendig sind. Aber der Facebook-Auftritt des Gemeinschaftszentrums hält uns auf dem Laufenden. Und für kurze Informationen und das Teilen von besonderen Augenblicken hat sich WhatsApp bewährt: Ein witziges Foto vom Kochkurs im Gemeinschaftszentrum in Bogotá gegen ein Foto von einem Spaziergang im Schnee. Doch wir bekommen längst nicht alles mit, was in Bogotá oder in den befreundeten Familien passiert. Und umgekehrt teilen auch wir nicht alles, was uns gerade beschäftigt.

Wir mussten und müssen Zeit und Energie ins Ankommen und in den Alltag in Deutschland investieren: Wohnungssuche, Beruf, Aufbau und Pflege eines neuen privaten Umfelds. Mit einer gewissen Spannung haben wir unserem  ersten Besuch in Kolumbien ein gutes Jahr nach unserer Abreise entgegengesehen: Wie werden die Begegnungen sein? Sind wir einander fremd geworden? Doch sehr rasch zeigte sich: Die Vertrautheit war geblieben, der Gesprächsfaden ging einfach weiter.

In der ersten Zeit nach der Rückkehr wurden wir noch aus der Ferne in Diskussionen um die Weiterentwicklung des Projekts einbezogen. Dann haben wir mit den Projekt-Verantwortlichen vor der Ankunft unserer Nachfolger geklärt, dass wir nicht mehr zu inhaltlichen Fragen Stellung beziehen wollten, sondern dass diese mit den neuen Personen anzugehen seien. Unsere Nachfolger haben zwanzig Monate nach uns ihre Arbeit aufgenommen. Wir haben ihnen vor ihrer Ausreise nach Kolumbien und auch später mit Informationen und Rat zur Seite gestanden – wenn wir gefragt wurden. Wir sind dann erst wieder nach Kolumbien gereist, als unsere Nachfolger bereits zwei Jahre im Projekt arbeiteten und uns ausdrücklich zu einem Besuch eingeladen haben.

Die Beziehungen leben weiter, verändern sich – aber sie enden nicht mit dem Ende des Vertrags. Nun ergibt sich hoffentlich die Möglichkeit einer Deutschland- und Schweizreise des Koordinationsteams aus dem Gemeinschaftszentrum im Sommer 2018. Wir freuen uns jetzt schon, wenigstens vier Freund/innen bei den Besuchen von Partnerorganisationen zu begleiten, Austausch über globale Zusammenhänge hier bei uns zu gestalten und unsere Heimat zeigen zu dürfen. Es soll ein kleines Dankeschön sein für die vielen Jahre gelebter Gastfreundschaft, die wir erfahren durften.

Susanne Brenner war von 2005 bis 2012 in Kolumbien (erschienen in transfer Ausgabe 1/2017)